Münchens Brunnen


 

Münchens Brunnen mit anderen Augen gesehen

 

Rom gilt als Stadt der Brunnen. Tausende von ihnen sind über das Stadtgebiet verteilt. Um die 2500 so genannte „Nasoni“ – kleine eiserne Trinkbrunnen mit gebogenen Ausflussrohren findet man in der Stadt am Tiber. Hätten Sie gewusst, dass München im deutschen Brunnenranking die Stadt mit den meisten Brunnen ist? Kult-Tourer erzählt Ihnen Brunnengeschichten, welche die Münchner in den vergangenen Jahrhunderten beschäftigt haben.

 

Knapp 700 Brunnen gibt es in der Isar-Metropole, 186 davon sind städtisch. Dass der nackte Po eines Wasserspiels über Monate bei den Münchnern für Aufregung sorgte, ist eine kleine Brunnen-Anekdote am Rande, dazu gleich mehr. Wir von Kult-Tourer möchten Ihnen einige Münchner Brunnen und deren Entstehungsgeschichte näher bringen. Sie glauben, Brunnen sind langweilig? Lassen Sie sich überraschen.  Danach werden Sie bei Ihrem nächsten Besuch in Bayerns Landeshauptstadt die Wasserspiele mit anderen Augen betrachten.

Der Fischerbuberl-Brunnen…

Fischbuberl-Brunnen auf dem Wiener Platz

Der Fischbuberl-Brunnen auf dem Wiener Platz

 …steht in der westlichen Ecke auf dem Wiener Platz, dem zentralen Treffpunkt im Stadtteil Haidhausen. Der Zierbrunnen stellt einen nackten Knaben mit Hut dar, der auf einer Kugel stehend, unter seinen Armen jeweils einen Fisch trägt. Der Münchner Bildhauer Ignatius Taschner (1871-1913) entwarf die Skulptur, die 1910 als Springbrunnen neben der Freibank am Viktualienmarkt aufgestellt wurde. Mit dem Wiederaufbau der Schrannenhalle musste er 2001 zu seinem heutigen Standort umziehen. Zunächst wurde der Bub so montiert, dass der nackte Po zur Isar hin zeigte. Darüber beschwerten sich die Markthändler, weil ihnen der Knabe den nackten Hintern entgegenstreckte. Das Baureferat drehte die Figur. Der Po zeigte danach zu den Fußgängern, die über den Markt schlenderten. Das wiederum missfiel einigen Politikern aus dem Stadtviertel. Es wurde gedreht und wieder gedreht, irgendwann passte es – echte Münchner Geschichten.

Der Wiener-Platz…

…mit seinen kleinen Häusern und Ständen vermittelt einen dörflichen Charakter. Es geht urgemütlich auf dem kleinsten der vier ständigen Münchner Wochenmärkte zu. Seit 1889 können sich die Bewohner auf dem Markt mit dem täglichen Bedarf eindecken – Obst, Gemüse, Feinkost, Eis und Blumen bilden das Angebot. Boutiquen und das gemütliche Café Wiener Platz säumen den Platz. Im Nordwesten begrenzt der „Hofbräukeller“, eine Traditionsgaststätte mit großzügigem Biergarten das Areal.

Zehn Gehminuten vom Markt entfernt, die Steinstraße hoch und dann links abbiegen in die Preysingstraße, steht das Üblacker-Häusl (Hausnummer 58). Es ist ein Ende der 18.Jahrunderts errichtetes denkmalgeschütztes Herbergsanwesen. Einst war es eines von rund 150 Holz- oder Steinhäusern in Haidhausen, die mehr als eine Herberge aufzuweisen hatten. So wohnten damals Münchens Tagelöhner.

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Das Üblacker-Häusl

Der Grundbucheintrag lautete: “Wohnhaus mit angebauter Stallung, Abort, Schutzdach, Wagenremise und Hofraum“. Leider wurden während des zweiten Weltkrieges viele von den Häusern zerstört. Seit 1980 ist in dem Häusl das Herbergenmuseum des Münchner Stadtmuseums untergebracht. Es zeigt in zwei, als Wohn-und Schlafraum gestalteten Zimmern das Leben der armen Leute aus dieser Zeit. Rund um das Haus sind aber noch einige ein- oder zweigeschossige Häuser erhalten geblieben und Kult-Tourer hat den Eindruck, als habe man sich in ein Dorf verlaufen und das mitten in einer Millionen Metropole.

 Tram (Linie16) Wiener Platz

U-Bahn (U4, U5) Max-Weber-Platz

Den Vater- Rhein-Brunnen…

…erreichen sie von Haidhausen aus innerhalb weniger Minuten mit der Straßenbahn (Linie 16, Deutsches Museum). Er liegt gegenüber vom Deutschen Museum auf Münchens Museumsinsel nördlich der Ludwigsbrücke. Er ist dem Flussgott des Rheins gewidmet. Entworfen wurde er von Adolf von Hildebrand (1847-1921), der auch den Wittelsbacher Brunnen schuf, den wir später noch besuchen werden.

Vater-Rhein-Brunnen auf Museumsinsel

Der Vater-Rhein-Brunnen auf der Museumsinsel

Die Anlage liegt inmitten eines kleinen Parks und hat eine wechselhafte Geschichte hinter sich. Ursprünglich wurde der Brunnen auf dem Broglieplatz in Straßburg (1902) aufgestellt, das zu dieser Zeit zum Deutschen Reich gehörte. Darauf weist die lateinische Inschrift „Argentorato“ im Sockel hin. Dies war ein römisches Kastell an der Stelle des heutigen Strasbourg/Straßburg. Man wollte mit dem lateinischen Namen einen Sprachzwist mit den Franzosen umgehen. Der Sockel steht über vier halbkreisförmigen Muscheln, in die aus mehreren Röhren Quellwasser fließt. Über Stufen geht es in ein langgezogenes Becken, das das Flussbett des Rheins symbolisiert. Nach dem verlorenen ersten Weltkrieg wurde er ab 1918, im nunmehr französischen Strasbourg, im Rahmen des Versailler-Vertrags, als deutsches Kulturgut Stück für Stück abgetragen. 1928 versuchte München den Brunnen im Tausch mit der Figur des „Meiselocker Brunnen“ zurückzukaufen. München und Strasbourg einigten sich schließlich darauf, dass die Bayern noch 54000 Reichsmark drauflegten. Dafür erhielten sie den Sockel mit den Fischkopfwasserläufen und der Hauptfigur, einen nackten, stehenden, bärtigen Mann. Fast drei Meter groß und über 1.2 Tonnen schwer hält die Skulptur rechts einen Fisch und stützt sich mit der Linken auf einen Schifferhaken, den früher die Flößer benutzten. 1932 wurde er an der heutigen Stelle, mit einigen Originalteilen und diversen Nachbildungen, wieder errichtet. So interessant seine wechselhafte Geschichte ist, steht er auch heute immer wieder im Mittelpunkt. Vom 21. Mai bis 23. August 2015 fand rund um den Vater-Rhein-Brunnen der „Kulturstrand“ statt. Den Sommer über gab es auf der kleinen Museuminsel ein buntes Programm aus Konzerten, Kurzfilmabenden, Kinderprogramm, Joga-Kurs, Lesungen und Vorträge bis zum Sandburgenbau-Wettbewerb. Ob das Event im kommenden Jahr wiederholt wird, entscheidet der Stadtrat im Winter. Wem das Deutsche Museum gegenüber des Wassersspiels zu überlaufen ist, dem empfehlen wir einen kleinen Spaziergang zum Alpin Museum (Praterinsel 5) keine 10 Minuten entfernt. Gehen Sie zum Ende der Parks auf der Insel, folgen Sie dem Wehrsteg – dort erreichen Sie das „Haus des Alpinismus“. Seit über 100 Jahren informiert das Alpine Museum des Deutschen Alpenvereins darüber, wie die Menschen seit dem 17.Jahrhundert die Berge erklimmen. Alte Ausrüstungsgegenstände neben Gemälden, Fotos und Grafiken erzählen Geschichten rund um die Alpen und deren Bezwinger. Im Garten können Besucher ein Erinnerungsfoto von sich am Zugspitzgipfel schießen. Der Stein wurde für die Weltausstellung in Hannover im Jahr 2000 von Deutschlands höchstem Gipfel abgesprengt und zierte den bayerischen Pavillon.

15 Gehminuten entfernt von der Praterinsel liegt der Marienplatz und dort steht Münchens ältester Brunnen,…

Tram (Linie16) Deutsches Museum

S-Bahn (S4, S6) Isartor

… der Fischerbrunnen…

Fischerbrunnen vor dem Münchner Rathaus

Der Fischerbrunnen vor dem Müchner Rathaus

…steht rechts vom Haupteingang des Neuen Rathauses und seine Geschichte lässt sich bis ins Mittelalter zurückverfolgen. Auf dem Schrannenplatz, dem heutigen Marienplatz, wird in den Stadtchroniken 1318 von einem Brunnen gesprochen. 1343 wird ein „Bürgerbrunnen“ erwähnt, später „Marktbrunnen“ genannt, der sich bereits an der Stelle des heutigen Fischerbrunnens befand. Damals handelte es sich noch um einen Ziehbrunnen, der das Grundwasser „anzapfte“. Nach Fertigstellung der ersten Wasserleitung 1471 war der Brunnen auf dem Marienplatz der erste und lange einzige Brunnen mit ständig fließendem Wasser, der an das neue Wassersystem angeschlossen war. Der Vorgänger des heutigen Fischerbrunnens wurde vom Bildhauer Konrad Knoll (1829-1899) gestaltet und 1866 in Betrieb genommen. Er zeigte vier Metzgerburschen, die Wasser in das Becken schütteten. Über ihnen standen vier musizierende Kinder, darüber ein Altgeselle mit einem Becher. Bis zum zweiten Weltkrieg wurden am Rosenmontag die Metzger-Lehrlinge am Fischerbrunnen mit dem sogenannten „Metzgersprung“ freigesprochen. Sie feierten den Abschluss ihrer Ausbildung und stürzten sich auch ins Wasser.

Während des Bombardements im zweiten Weltkrieg wurde die Anlage zerstört. Der Bildhauer Josef Henselmann (1898-1987) gestaltete den Zierbrunnen 1954, unter Verwendung der drei noch erhaltenen Metzgerfiguren, neu. Gekrönt wird die zentrale Säule von einem bronzenen Fisch, der an die Zeit erinnern soll, als die Fischhändler ihre noch lebende Ware in Körben in das frische Brunnenwasser hängten.

Heute wäscht am Aschermittwoch Münchens Oberbürgermeister mit seinem Stadtkämmerer den leeren Stadtsäckel im Wasser des Fischbrunnens. Damit soll sichergestellt werden, dass er im nächsten Jahr wieder gefüllt ist. Das Geldbeutelwaschen war ein Brauch der ärmeren Schichten. Boten und Gehilfen des 19. Jahrhunderts wollten ihrer Herrschaft verdeutlichen, dass angesichts eines leeren Geldsäckels eine „Gehaltserhöhung“ fällig war.

Wenn Sie sich vom Fischbrunnen aus nach rechts drehen, fällt ihr Blick auf das alte Münchner Rathaus. Am Rathausturm gehen viele Besucher auf ihrem Weg zum Viktualienmarkt achtlos vorbei. Dabei beherbergt dieser das Spielzeugmuseum der Sammlung der Familie Ivan Steiger und die ist sehenswert.

Spielzeugmuseum im Alten Rathaus

Das Spielzeugmuseum im Alten Rathaus

Auf vier Stockwerken befindet sich seit 1983 eine Sammlung historischer europäischer und amerikanischer Spielsachen (Aufzug vorhanden). Die oberste Turmstube beherbergt die ältesten Spielsachen aus Holz, Papier, Wachs und Blei. Als ein besonderes Exponat sticht ein Spielzeugaltar für den künftigen Priester hervor. Die Geschichte von Teddybären und Plüschtieren wird durch die ältesten Bären, eine umfangreiche Fotodokumentation und Schnittmuster aus dem Archiv der Firma Steiff belegt. In den weiteren Etagen rattern Dampfmaschinen, gibt es technisches Verkehrsspielzeug von vor dem ersten und zweiten Weltkrieg bis zur Nachkriegszeit. Verschiedenste Spurweiten von Modelleisenbahnen der Firmen Märklin und Bing komplettieren die Sammlung. Eine der Hauptattraktionen ist das Teilarchiv der Firma Hausser-Elastolin. Bauernhäuser mit Stallungen, ein Zoo, exotische wie einheimische Tiere, Dorfbewohner, Indianer, Soldaten und alles hergestellt aus einer Masse, die aus Sägemehl, Kaolin und Kaseinleim, sowie etwas Draht, bestand. Ein Museum nicht nur für Kinder – durchaus auch für Erwachsene.

Unser letzter Abstecher gilt dem imposanten Wittelsbacher Brunnen, einem der größten Wasserspiele in der City. Nehmen Sie die S-Bahn bis zum Karlsplatz/ Stachus. Wenn Sie oben am Stachusbrunnen angekommen sind und Richtung Hauptbahnhof blicken, gehen Sie nach rechts weg und folgen der Straße etwa sieben Minuten bis zum Lehnbachplatz…

 U- /S-Bahn Marienplatz

Wittelsbacher Brunnen am Lehnbachplatz

Der Wittelsbacher Brunnen am Lehnbachplatz.

Der Wittelsbacher Brunnen…

…gehört mit zu den städtebaulich imposantesten Brunnenanlagen Münchens. Er steht auf dem Lehnbachplatz und ist eine gelungene Arbeit im klassizistischen Stil von Adolf von Hildebrand (1874-1921), dem führenden deutschen Bildhauer seiner Epoche. Grundriss für den Brunnen bildet ein 25 Meter breites Umfassungsbecken. Es hat die Form eines zum Platz hin ausgewölbten Halbkreises. Die Anlage ist in zwei Hauptgruppen aufgeteilt. Links der Steine werfende Mann auf seinem Pferd verkörpert die zerstörerische Kraft des Wassers. Rechts von ihm die Sanfte mit einer großen Schale, welche die aufbauende Kraft des Wassers symbolisiert. Beide Figuren wurden aus Untersberger Marmor gearbeitet. Einem Kalkstein aus einem Steinbruch in der Nähe Salzburgs, der wie Marmor bearbeitet und poliert werden kann. Dazwischen erkennt man Reliefs mit Krebs, Aal, Hecht, Seepferd und Schildkröte. Flankiert wird alles von Wasser spuckenden Fabelwesen aus der Vorstellungskraft von Adolf von Hildebrand.

Der Brunnen wurde am 15. Juni 1895 – ein Jahr verspätet – feierlich eingeweiht. Der Grund: Während der Bauarbeiten wurde eine nahe, leerstehende Turnhalle zum Atelier umfunktioniert. Während Tonmodelle auf einem Postament platziert wurden, brach das Arbeitsgerüst. Viele Skulpturen mussten daraufhin neu erschaffen werden.

Während des zweiten Weltkrieges wurde die Anlage schwer beschädigt und nach Kriegsende durch den Bildhauer und Hildebrand-Schüler Theodor Georgii (1883 – 1963) wieder hergestellt. Am 3. Oktober 1952 wurde der Brunnen erneut in Betrieb genommen.

An die imposante Brunnenanlage grenzt ein kleiner Park, der im Schatten alter Bäume zum Ausruhen einlädt. Gehen Sie bis zum Ende der Grünanlage und stoßen Sie dort auf die Brienner-Straße, dann halten Sie sich links. Nach etwa 15 Minuten, kurz vor dem Königsplatz, erreichen Sie das neu geschaffene NS- Dokumentationszentrum München – Lern- und Erinnerungsort zur Geschichte des Nationalsozialismus.

NS-Dokumentationszentrum

Das NS-Dokumentationszentrum München

Das NS-Dokumentationszentrum setzt sich auf vier Geschossen und 1300 qm Ausstellungsfläche kritisch mit der Geschichte Münchens vor, während und nach der Zeit des Nationalsozialismus auseinander. Die Standortwahl nahe des Königsplatzes und dem ehemaligen NSDAP-Parteiviertels spielte eine wichtige Rolle im Konzept. Dieser Ort soll nachfolgenden Generationen vermitteln, dass Toleranz und Demokratie immer wieder gesichert werden müssen. Dass sie gestaltet und mit Leben erfüllt werden müssen, um auch in Zukunft Bestand haben zu können. Die Dauerausstellung umfasst 34 Hauptpunkte und ist auf einen Rundgang von rund eineinhalb Stunden ausgelegt. Im ersten Untergeschoß wurde ein Lernforum mit modernster, interaktiver Technik eingerichtet. Dort können Sie als Besucher Ihre Eindrücke aus der Ausstellung selbständig vertiefen.

Tram (Linie27) Karolinenplatz

Unser kurzer Brunnenrundgang ist hier zu Ende. Es war nur ein kleiner Ausschnitt. Wie eingangs erwähnt: Fast 700 Brunnen und deren Geschichten warten noch auf Besucher oder interessierte Münchner. Vielleicht sehen Sie Brunnen künftig mit anderen Augen, wir von Kult-Tourer würden uns darüber freuen. (rad)
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